Betrachtungen zum „Plan des Sieges“ von Wolodymyr Selenskyj.

Zuerst ein paar Aphorismen:

Patriotismus ist zu einem Gemeinplatz in unseren Gesprächen geworden, und Johnson sprach überraschend mit starkem und entschlossenem Ton einen Aphorismus aus, auf den viele springen werden: „Patriotismus ist das letzte Refugium eines Schuftes“. Aber ich glaube, er meinte nicht die echte und großzügige Liebe zu unserem Land, sondern den Patriotismus, den so viele Menschen zu allen Zeiten und in allen Ländern als Deckmantel für ihre persönlichen Interessen benutzt haben“ - James Boswell, 1775. Patriotismus wurde von den Feudalen erfunden, um Geld für die Bezahlung ihrer Soldaten zu sparen - Urheberschaft unbekannt.

Viele philosophierende Analytiker bezeichnen den russisch-ukrainischen Krieg als existentialistischen Krieg/Konflikt, indem sie darauf hinweisen, dass die Russische Föderation in die Ukraine eindrang, um den sozialen Aufbau auf ihrem Territorium zu ändern und sie in den Schoß des totalitären imperialen „historischen Russlands“ zurückzuführen. Dabei wäre Putin durchaus zufrieden mit einem relativ eigenständigen Monarchen/Tyrannen der Ukraine, solange das „Auge der Demokratie“ dem russischen Herrscher und seinen Untertanen an den Grenzen des Reiches nicht stört.

Aber allmählich nimmt die Existenzialität dieses Krieges ab, da die Kiewer Macht innerhalb von 2,5 Jahren zu viele Merkmale angenommen hat, die für die aktuellen russischen Führer typisch sind. Das Internet wurde kontrolliert, die Massenmedien wurden fast vollständig monopolisiert, die „Strafverfolgungsbehörden“ führen jede Anweisung der „5-6 effektiven Manager“ zur Übernahme von Vermögenswerten aus, und vergessen dabei nicht sich selbst, indem sie ihre Beute kleiner machen. Korruption auf allen Ebenen und die Rechtlosigkeit der Bürger haben das Land mit einem bisher unerreichten Ausmaß überflutet und an manchen Stellen sogar den „existentiellen Gegner“ übertroffen.

Das Motiv der meisten Freiwilligen, die sich im Februar 2022 zum Schutz der Ukraine erhoben haben, verfliegt allmählich mit dem Drift der ukrainischen Regierung in Richtung Autoritarismus. Somit hat der Krieg praktisch seinen existentialistischen Charakter verloren und sich in einen banalen feudalen Krieg nationaler Feudalherren mit dem Nachbarn um das Recht verwandelt, ihre eigenen „Schafe zu scheren“.

In diesen Zeiten muss das Motiv, für „Freiheit“ zu kämpfen durch etwas anderes ersetzt werden. Der Begriff „Freiheit“ steht einfach zu sehr im Widerspruch zu dem, was tatsächlich im Land passiert. Die Hofpropagandisten mussten den alten guten „Patriotismus“ aus den staubigen Truhen hervorholen, um die Notwendigkeit zu rechtfertigen, für das zu kämpfen, damit Ukrainer von „Ukrainern“ und nicht von „fremden Imperien“ beraubt werden.

Bei der Umstellung des Kriegsmotivs wurden alle traditionellen Methoden und Werkzeuge eingesetzt. Aufgrund der „gefallenen“ kommunistischen Führer in früheren patriotischen Ausbrüchen wurden nicht nur Puschkin und Tolstoi ins Visier genommen, sondern auch der Kiewer Bulgakow, das Symbol des Zusammenbruchs des Sowjetischen Reiches Viktor Zoi und die russische Alltagssprache. Es bleibt nicht viel übrig bis zur „Dekommunisierung“ von Nikolai Gogol und Taras Schewtschenko, die ihre Prosa auf Russisch schrieben.

Dieser „patriotische Rummel“ wird nicht nur von Nationalisten-„Traditionalisten“, sondern auch von Sprechern der offiziellen Regierung angeheizt. Aktuell: Der „Bildungsminister“, der die Initiative der „Sprachpatrouillen“ in den Pausen in den Schulen unterstützte. Die Ermordung der „Aushängeschild“-Vertreterin der derussifizierung Irina Farion kam verdächtig zur richtigen Zeit. Allerdings war dieses Ereignis nichts Besonderes und hat aufgrund der geringen Popularität der Ermordeten unter der absoluten Mehrheit der Ukrainer niemanden besonders aufgewühlt. Besonderen tragikomischen Touch erhält diese Bewegung durch die ethnische Zugehörigkeit des Haupt „Nazi-Ukrainers“ selbst. Mit einem solchen Höchsten wird die Ethnisierung des Krieges mit dem gleichen Quietschen auf den Kopf gestellt, wie eine Eule auf den Globus.

Trotz der offensichtlichen Künstlichkeit ist diese radikale Wendung der ukrainischen Kriegspropaganda in Richtung „Ethnisierung“ ein Geschenk für die Propaganda des Gegners. Ihre gefälschten Thesen über die Unterdrückung der russischsprachigen Bevölkerung und der russischen Kultur in der Ukraine zu Beginn des Krieges werden jetzt mit realen Fakten und Bestätigungen gefüllt. Die Doktrin der Ethnisierung des Krieges seitens der ukrainischen Führung tötet nicht nur die Motivation der ukrainischen Bürger, daran teilzunehmen, sondern beraubt auch die Befürworter militärischer Hilfe für die Ukraine im Westen ihrer Argumente. Dies ist bereits eine natürliche Subversion mit weitreichenden Folgen und kein petziges Spiel der Politiker des ultranationalistischen Flügels.

Darüber hinaus ist der Krieg ein Instrument zur Verlängerung der Amtszeit der aktuellen Regierung geworden. Meiner Meinung nach ist die Regierung in der Ukraine derzeit die schwächste und unprofessionellste seit der Unabhängigkeit. Aber sie sind nicht alle vollkommene Idioten und verstehen, dass ihre Regierungszeit unmittelbar nach den nächsten Wahlen enden wird. Ich denke, ein Teil der Nutznießer der aktuellen Regierung hofft, dass es ihnen gelingen wird, die Wählerstimmung bis zu den Wahlen unter Kontrolle zu bringen, indem sie die Medien weiterhin unter ihre Kontrolle bringen, und sich mit dem Gedanken trösten, dass ihr gegenwärtiges oder ähnliches Bestehen auch nach den Wahlen fortgesetzt wird. Die meisten „effektiven Manager“ haben jedoch keine Illusionen, deshalb gehören die anonymen ukrainischen Reichen zu den größten Krypto-Haltern der Welt. Und Kryptowährung ist eine der zuverlässigsten Investitionen, wenn man plötzlich weglaufen und keine Spuren hinterlassen muss.

Was eint sie alle...